Bleifrei löten

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Warum eigentlich beim Handlöten von den „guten“ bleihaltigen Loten auf bleifreie Lote wechseln?


Seit 2006 ist es nach einer Umsetzung der EU-Richtlinie 2002/95/EG in das Elektroaltgerätegesetz für die allermeisten industriellen Elektronikfertiger vorschrieben, dass Sie bleifreie Lote für die Herstellung ihrer Baugruppen verwenden müssen. Mit „bleifrei“ sind nach diesen Gesetz Lote gemeint, die nicht mehr als 0,1 % Blei enthalten und damit unterhalb der festgelegten Grenzwerte liegen. Diese EU-Richtlinie wurde 2013 von der 2011/65/EU abgelöst. An den erlaubten Grenzwerten für die Lote zum Weichlöten hat sich nichts geändert, es wurden ein paar Flammhemmer, die im Bereich der Leiterplattenfertigung verwendet wurden, zusätzlich aufgenommen.

Im Juni 2018 kam dazu, dass Blei in dem europäischen Chemikaliengesetz auf die Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe aufgenommen wurde (SVHC – „Substances of Very High Concern“). Dies führt zu einer geänderten Kennzeichnungspflicht für alle bleihaltigen Lotprodukte (z.B. Lötdrähte) mit mehr als 0,3 % Blei in massiver Form, da Blei ab diesem Datum zu Recht als reproduktionstoxisch eingestuft wird. Das ist keinerlei Schikane, sondern reflektiert die Notwendigkeit, dass die Handhabung bleihaltiger Lote den aktuellen Erkenntnissen zu deren Gefährlichkeit angepasst werden muss.

Diese Einstufung als reproduktionstoxisch hatte zur Folge, dass bleihaltiges Lot nur noch an besonders geschulte Personen verkauft werden durfte. So kamen verschiedene gesetzliche Vorgaben zusammen, so dass sich heute auch viele private Elektronikhobbyisten mit dem Thema der Legierungsumstellung auseinandersetzen müssen. Natürlich gibt es Ausnahmen, die RoHS bezieht sich auf das „Inverkehrbringen“ von elektronischen Baugruppen. Macht das ein privater Anwender, der seine Hobbyprojekte selbst erarbeitet, lötet und dann auch verwendet – und diese nicht im Handel „in Verkehr bringt“? Vermutlich nicht, aber das ändert nichts an den Erkenntnissen zur Gefährlichkeit im Umgang mit Blei.

übernommen von epp.industrie.de

Probleme beim Bleifrei-Handlöten

Das Löten mit bleifreiem Lötzinn ist schwieriger als Löten mit konventionellem eutektischen SnPb-Lötzinn. Die Ursachen für diese Schwierigkeiten werden anhand der bleifreien Legierungen

  • Sn-0,7%Cu mit einem Schmelzpunkt von 227 °C,
  • Sn-3,5%Ag mit einem Schmelzpunkt von 221 °C und
  • Sn-3,5%Ag-0,7%Cu mit einem Schmelzpunkt von 217 °C erläutert.

Der Schmelzpunkt von bleifreiem Lot ist 20 bis 45 °C höher als der Schmelzpunkt von konventionellem eutektischen Lot; konsequenterweise muss die Temperatur der Lötspitze höher eingestellt werden. Es ist allgemein üblich und auch akzeptabel, dass die Temperatur der Lötspitzen um etwa 50 °C höher als der Schmelzpunkt des Lotes gewählt wird. Allerdings werden vielfach Lötspitzentemperaturen gewählt, die etwa 100 °C höher sind als die Schmelztemperatur. Diese Unterschiede sind von der Wärmekapazität des zu lötenden Werkstücks, der jeweiligen Lötstelle und der Masse der Lötspitze abhängig. Die Lötspitzentemperatur wird beim eutektischen Lötzinn SnPb mit ca. 340 °C gewählt liegt bei Sn-0,7%Cu bei etwa 370 °C. Löttemperaturen über 350 °C stoßen jedoch an die Grenze des Lötens in der Elektronik, denn der Verschleiß von Lötspitzen steigt ab dieser Temperatur rapide und die Wirksamkeit des Flussmittels wird verringert. Oberhalb dieser Temperaturen verkohlt das Flussmittel, seine Aktivität verringert sich und es kommt zur Trennung von Lot und Flussmittel.

Niedrigere Lötspitzen-Standzeit

Die Lötspitzen werden aus Kupfer oder zur besseren Wärmeleitung auch aus Kupferlegierungen hergestellt. Die Oberfläche der Lötspitzen werden zum Schutz gegen Korrosionen beim Löten oder Oxidation durch hohe Temperaturen mit Eisen plattiert. Die Korrosionsrate steigt mit der Höhe der Temperaturen an der Lötspitze. Diese Zunahme der Korrosion wird durch die mit der Temperatur steigende Entstehung von Intermetallverbindungen zwischen Eisen und Zinn begünstigt. Bild 1 zeigt, dass Lötspitzen bei der Anwendung der untersuchten Lote Sn-3,5%Ag-0,7%Cu um den Faktor 2,8 schneller korrodieren und bei Sn-0,7%Cu sogar 4,2 mal so schnell verglichen mit der Korrosionsgeschwindigkeit beim Einsatz von eutektischem Lötzinn und gemessen bei 400 °C.
Die Korrosion wird also durch den Einsatz von bleifreiem Lot beschleunigt. Die Ursache hierfür ist der höhere Anteil von Zinn in der Legierung und dieses reagiert leicht mit der Oberfläche der Lötspitze. Anteile von Blei, Silber oder Wismut können die Lötspitzen vor Korrosion schützen. Da der Schmelzpunkt der bleifreien Lote höher und das Lot härter als eutektisches Lötzinn ist, oxidieren Lötspitzen durch den Einsatz von bleifreiem Lot schneller und nutzen schneller ab.

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